Lichtfäden die ins Bild hinüberwandern

Lichtfäden die ins Bild hinüberwandern

Galerie Karin Günther, Hamburg, 2014

 

Installationsansicht, Sprühlack, Acryllack, Leinen, Jute, Keilrahmen

 

 

 

 

Installationsansicht, Sprühlack, Acryllack, Leinen, Jute, Keilrahmen

 

 

 

 

Installationsansicht, Sprühlack, Acryllack, Leinen, Jute, Keilrahmen

 

 

 

 

Installationsansicht, Sprühlack, Acryllack, Leinen, Jute, Keilrahmen

 

 

 

 

Scheibenwischer, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Leinen, 53 x 78 cm

 

 

 

 

Pyramide, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Leinen, 71 x 50 cm

 

 

 

 

Spirale, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Leinen, 79 x 62 cm

 

 

 

 

F, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Jute, 85 x 73 cm

 

 

 

Zopf, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Leinen, 89 x 68 cm

 

 

 

 

Pyramide 2, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Leinen, 71 x 50 cm

 

 

 

 

Kameraschwenk 2, 2014, Sprühlack, Acryllack, Jute, 99 x 47 cm

 

 

 

 

Gewebe, 2014, Goldsprühlack, Acryllack, Jute, 80 x 64 cm

 

 

Lichtfäden, die ins Bild hinüberwandern

Der Satz „Lichtfäden, die ins Bild hinüberwandern“ entstammt einer frühen Beschreibung von Fotografie aus der Zeit ihrer Erfindung. Um das neuartige Phänomen der Fixierung, also der vermeintlichen Materialisierung einer Lichtprojektion auf einem Bildträger anschaulicher zu machen, läßt der Autor das Licht, bereits auf dem Weg zum Bild, zu durch die Luft wandernden Fäden mutieren. Es bleibt offen was dann genau mit ihnen im Bild geschieht. Ob sie durch das Bild hindurchwandern, zum Bild werden, sich darin verknoten, verknäulen oder ob sie sich zu einem Gewebe verflechten. Letzteres könnte gar als eine diskrete Vorahnung auf die sich damals gerade erst entspinnende, aber nach wie vor andauernde, sehr facettenreiche Wechselwirkung zwischen den Medien Fotografie und Malerei interpretiert werden.

Als eine vergleichbare, ebenfalls das Licht in der Vorstellung materialisierende Veranschaulichung des Vorgangs der fotografischen Belichtung, könnte man vielleicht auch das Sprühen mit Lackspray und Schablone auf einer Fläche betrachten. Neben den offenkundigen Parallelen zum Prinzip des Fotogramms gibt es, wie bei der fotografischen Belichtung, auch hier einen manuell zu betätigenden Auslöser. Wie das Licht aus einer gerichteten Lichtquelle, tritt der Lacknebel strahlenförmig aus dem Ventil der Sprühdose hervor und verteilt sich im Raum. Das Gemisch aus Pigmenten, Binder und Treibgas wirbelt durch die Luft bis es auf dem Bildgrund haften bleibt. Auf diesem zeichnet sich dann die unregelmäßige, organisch anmutende Wirbelstruktur des Sprühstrahls ab, zu den Rändern hin stets abnehmend, Verläufe bildend. Die unregelmäßige Körnung dieser Struktur scheint geeignet alle möglichen Oberflächen und ihre Helldunkelmodellierungen in einer natürlichen, beinahe fotografischen Anmutung, ohne erkennbaren Duktus darzustellen.

In den Bildern der Ausstellung trifft der staubfeine Lacknebel auf ein ganzes Spektrum von unterschiedlich feinen bis groben Leinen- und Jutestoffen. Die unterschiedliche „Rasterweite“ ihrer Fadenverkreuzungen entspricht dem Auflösungsvermögen der Bilder. Das heißt wie auch in einem Pixelraster können sich die Partikelstruktur des Sprühlacks, die Verläufe und Kanten der Schablonen nur so scharf und fein oder eben unscharf und grob abzeichnen, wie es die Weite des Gewebes es zuläßt.
Das in diesem Modell die Partikel des Lichts repräsentierende (goldene) Pigment liegt nun photongleich auf dem dunklen Grund des schwarz lackierten Gewebes und reflektiert von dort aus reales Licht ins Auge des Betrachters. Oppositionen von Verläufen und scharfen Kanten, Letztere hervorgerufen durch die Maskierungen der Schablone, lassen geometrische Körper von großer Räumlichkeit aus dem Dunkel des Grundes heraus auf der Oberfläche des Bildes erscheinen.
Die unbestimmbare Tiefe des schwarzen Bildraums und die Objekte, die das Licht aus ihm herausschält, verweisen in ihren Thematisierungen von Licht (Gold als erstarrtes Licht in der Alchemie, oder auch der Glanz des Goldes als das ewige Licht Gottes) auf die zuvor beschriebenen fotografischen und optischen Prozesse, aber ebenso auf den unendlichen, homogenen, virtuellen Raum des Computers, in dem konstruktiv alles möglich und modular unendlich reproduzierbar ist.
Zu sehen sind also weniger Gemälde, als Bilder, in denen Spuren der medialen Logiken von Fotografie, Film, Computergrafik, Malerei, Zeichnung und Objekt ablesbar werden.

Michael Hakimi